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Apr 23

Gastbeitrag in MM MaschinenMarkt – Transformation ohne Tunnelblick

Die Welt ist im Aufruhr. Ebenso die Industrie. Doch es hilft kein Schimpfen und Klagen: Unternehmen, die sich jetzt nicht auf die unvermeidbaren Veränderungen einstellen, werden auf lange Sicht nicht mehr am Markt existieren können. Allein eine digitale Transformation reicht dafür nicht. Denn der ‚technische Tunnelblick‘ ist zu kurz: Er lässt die Menschen außer Acht, die das Tempo der Entwicklungen mitgehen und mittragen müssen. Ob Anwender, Mitarbeiter, Lieferanten, Partner, Kunden – damit die Transformation ohne große Reibungsverluste gelingt, sind strukturelle und kulturelle Anpassungen entscheidend.

Für das Fachmagazin MM MaschinenMarkt habe ich fünf Veränderungsanlässe aufgeschrieben, die auf fast jedes Industrie-Unternehmen zukommen – zusätzlich zu individuellen Transformationsprozessen und -projekten.

Für alle gilt: Jede Veränderung kostet Kraft.  Change Management und Kommunikation mobilisieren Kräfte.

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Industrielle Transformation – Diese fünf Veränderungsanlässe betreffen jeden Betrieb

Ein Gastbeitrag von Meike Sturat 5 min Lesedauer

Industrielle Transformation wird oft mit Technologiewandel und Digitalisierung gleichgesetzt. Dabei sind insbesondere strukturelle und kulturelle Anpassungen für deren Erfolg entscheidend.

Die großen Transformationsthemen der Fertigungsindustrie sind Digitalisierung, Automatisierung und Dekarbonisierung. Diese erfordern strategische Investitionen in Maschinen und IT, Anpassungen der Prozessschritte und neues Anwenderwissen. Doch wer den Wandel nur aus technischer Sicht betrachtet, übersieht wichtige Aspekte. Denn der Wandel ist allgegenwärtig und die Welt befindet sich im Umbruch. Keine Organisation kann sich den geopolitischen, ökonomischen und demografischen Einflüssen entziehen. Die Geschäftswelt ist volatil, unsicher, komplex und ambivalent – kurz: Die Welt ist vuka.

Dies spüren Unternehmen genauso wie ihre Belegschaft. Dafür befragte das Umfrageinstitut You-Gov in dem aktuellen Business Trend Report 2024 Unternehmensentscheider. Laut diesem glauben 62 Prozent der Teilnehmer, dass es heute schwieriger ist, ein Unternehmen zu führen als noch vor fünf Jahren. Bei den befragten Arbeitnehmern sind es sogar 67 Prozent.

Wenn dann noch weitere unternehmensindividuelle Herausforderungen hinzukommen, sind sowohl das Führungspersonal als auch die Belegschaft oft überfordert. Denn Menschen passen sich nicht so schnell an wie Technologien. Deshalb ist ein effektives Change-Management erforderlich. Bei diesem agieren die Führungskräfte mit klarer Kommunikation als Vorbild. Werden Belegschaft, Kunden und Lieferanten nicht ausreichend in Veränderungsprozesse eingebunden, können die Folgen weitreichend sein.

Technischer Tunnelblick lässt Potenziale ungenutzt

Technische Entwicklungen erfordern entsprechendes Anwender-Knowhow. So ist die Nachfrage nach neuen Ingenieuren hoch und qualifizierte Fachkräfte sind knapp. Personal ist in fast jeder Branche zum wichtigsten Kapital geworden. Laut aktuellen Zahlen des VDMA ist die Beschäftigtenanzahl im Maschinen- und Anlagenbau 2023 leicht gestiegen (um 13.600 Stellen oder 1,3 Prozent). Jedoch war der Zuwachs geringer als zuvor prognostiziert.

Aufgrund konjunktureller Entwicklungen und der schwierigen Fachkräftegewinnung ist es nun umso wichtiger, die Stammbelegschaft durch alle Veränderungsprozesse mitzunehmen. Besorgniserregend sind in diesem Kontext die Nachrichten über massiven Stellenabbau in vielen Traditions- und Dax-Unternehmen. Welche Signale erhalten die betroffenen Menschen? Und wie schwierig wird es sein, sie wieder zu motivieren?

Motivierte Mitarbeiter treiben die Transformation voran

Selbst wenn die Prozesse organisatorisch und betriebswirtschaftlich gut aufgesetzt sind: Für eine erfolgreiche Transformation sind motivierte Mitarbeiter entscheidend. Doch Neuerungen sind für Menschen oft mit Ängsten verbunden. Veränderungen, die nicht bewusst und gezielt herbeigeführt wurden, stoßen zunächst auf Widerstand. Ursache dafür ist, dass grundlegende Bedürfnisse wie Sicherheit und Zugehörigkeit bedroht sind. Je nach Art der Veränderung sind nicht nur das Management und die Belegschaft betroffen, sondern auch Lieferanten, Kunden, die Branche und die lokale Öffentlichkeit. Alle erleben die Transformation unterschiedlich stark und bewerten die Veränderungen individuell. Diese beiden Kriterien – Betroffenheit und Bewertung – sind wichtige Leitplanken für die Kommunikation. Die industrielle Transformation nur aus technischer Sicht zu betrachten, macht Unternehmen nicht zukunftsfähig. Denn neben Digitalisierung, Automatisierung und Dekarbonisierung stehen in den meisten Unternehmen früher oder später folgende Transformationsanlässe an:

1. Umstrukturierungen

Die meisten Fertigungsbetriebe spüren derzeit die Auswirkungen der weltweiten Lage auf die Konjunktur. Jedes Unternehmen reagiert anders, viele setzen auf Kurzarbeit. Es gibt auch andere Gründe, die eine Neuausrichtung oder Erweiterung des Geschäftsfeldes erfordern. Ein Beispiel dafür wäre, wenn Investoren eingreifen, um ein schwächelndes Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. In solchen Situationen benötigt die Belegschaft Transparenz und Sicherheit, um nicht in Angststarre zu verfallen.

2. Nachfolgeregelung

Nicht nur das Personal, sondern auch die Unternehmenslenker werden immer älter und gehen in den Ruhestand. Obwohl es laut dem DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2023 vergleichsweise viele Nachfolgeinteressenten für den Maschinen- und Anlagebau gibt, benötigen diese doch viel technisches Wissen. Zudem sind in vielen kleineren Unternehmen die Strukturen und die Mitarbeiter- und Kundenbeziehungen stark von den bisherigen Inhabern geprägt. Daher dauert es oft Jahre, diese Abhängigkeiten zu reduzieren. Es ist wichtig, dass das neue Management oder die Investoren die anstehenden Veränderungen rechtzeitig und nachvollziehbar kommunizieren und nicht erst, wenn bereits alles entschieden ist. Das Verarbeiten von Neuigkeiten braucht Zeit.

3. Generationenwechsel

Statistiken zur Altersstruktur in der Industrie zeigen, dass 65 Prozent der Mitarbeiter über 40 Jahre alt sind. Davon sind 27 Prozent über 50 und 11 Prozent über 60 Jahre. In einigen Unternehmen gehen in den nächsten Jahren bis zu einem Viertel der Mitarbeiter in den Ruhestand – und mit ihnen jede Menge Erfahrung und Wissen. Angesichts der schnellen technischen Entwicklungen in der Fertigungs-, Metall- und Elektroindustrie, setzen Betriebe ohnehin auf Nachwuchs mit entsprechendem Anwenderwissen. Doch die Schwierigkeiten, Mitarbeiter aus der Generation Z zu gewinnen, sind groß. Oft schwingen dabei veraltete Vorstellungen mit – Lehrjahre sind schließlich keine Herrenjahre. Mit gegenseitigem Respekt und strukturiertem Austausch profitieren beide Altersgruppen voneinander. So gelingt es, Kompetenz im Unternehmen zu erhalten.

4. Diversity, Equity, Inclusion, Belonging (DEIB)

Hinter diesem Akronym verbergen sich Diversity (Diversität), Equity (Gleichstellung), Inclusion (Inklusion) und Belonging (Zugehörigkeit) – also jene Faktoren, bei denen in traditionellen Betrieben oft die Augen verdreht werden.

Auch Unternehmen, die sich Vielfalt auf die Fahnen schreiben, setzen dies im Arbeitsalltag oft nicht konsequent um. Frauen an der Maschine? „LGBTQIA+“ in der Umkleide? Je traditioneller die bisherigen Verhältnisse sind, desto größer ist der Bedarf an Umdenken und Kommunikation. Zudem geht wertvolles Potenzial verloren, wenn beispielsweise Frauen auf Teilzeitstellen im Büro abgeschoben werden. Laut VDMA betrug der Frauenanteil unter den Ingenieurbeschäftigten im Maschinen- und Anlagenbau 2022 nur 11 Prozent. Unternehmen können sich mit Informationsangeboten und der Gestaltung der Arbeitsplätze für mehr Frauen in technischen Berufen einsetzen.

5. Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Wirtschaften erfordert den Einsatz neuer effizienter Technologien, sowohl bei den hergestellten Maschinen als auch bei der eigenen Nutzung. Dekarbonisierung erfordert nicht nur Investitionen, sondern auch ein Umdenken. Natürlich gibt es auch mehr Bürokratie und Berichtspflichten. Doch es ergeben sich auch große Chancen: die Stärkung der betrieblichen Unabhängigkeit durch Materialrecycling, Ressourceneffizienz und Stromautarkie. Letzeres gilt insbesondere, wenn Lieferketten unter Druck geraten und die Energiekosten steigen. Auch im Betriebsalltag lassen sich viele positive Veränderungen umsetzen, wenn die Belegschaft bei der Ideenentwicklung einbezogen wird.

Jeder Veränderungsprozess kostet Kraft. Stehen mehrere Prozesse gleichzeitig an, reicht die Kraft oft nur für die dringendsten Aufgaben. Ein externer Blick kann dabei helfen, notwendigen Handlungsbedarf zu erkennen und die Veränderung mit entsprechender Kommunikation zur Verbesserung zu machen.

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About The Author

Meike Sturat
Kommunikationsberaterin & PR-Spezialistin