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Dez. 18

Kölner Kampagne informiert über Hilfen bei Altersarmut und drohendem Wohnungsverlust

Butter oder Aufschnitt? Miete oder Heizung? Viele Rentnerinnen und Rentner in Deutschland leben an oder sogar unterhalb der Armutsgrenze, und hätten Anrecht auf finanzielle Unterstüzung wie die Grundsicherung im Alter oder Wohngeld – aber beantragen diese Hilfen nicht. Das Kölner Amt für Soziales, Arbeit und Senioren hat deshalb die  Öffentlichkeitskampagne Gute Quellen Köln entwickelt, die von Altersarmut oder Wohnungsverlust bedrohte Kölnerinnen und Kölner darüber informiert, welche Hilfs- und Beratungsangebote es in Köln gibt. Die begleitende Broschüre für die weniger internetaffinen Adressaten durfte ich konzipieren und schreiben. Ein Projekt, dass nachdenklich macht. 

Fast 20 Prozent (Stand: 2023) aller über 65 Jährigen in Deutschland erhalten die Grundsicherung im Alter, die immer dann greift, wenn die Alterseinkünfte nicht für den Lebenunterhalt ausreichen. Die Zahl der Hilfsbedürftigen wird von Fachleuten aber weitaus höher eingeschätzt. Das Institut für Wirtschaftsforschung sprach 2019 in diesem Zusammenhang von mehr als 60 Prozent der Berechtigten, die KEINE Anträge stellen. Die Gründe für diesen Verzicht sind in erster Linie Scham, Unwissenheit oder die Sorge, die Kinder müssten für sie aufkommen. Die Folge: Immer mehr Menschen leben in Armut, ziehen sich zurück und vereinsamen zusehends. Mit der Einsamkeit steigt erwiesenermaßen die Anfälligkeit für Erkrankungen. Ein Teufelskreis. Besonders betroffen sind die Frauen der Nachkriegsgeneration; sie haben  es gelernt, ihre Bedürfnisse zurückzustellen und Verzicht oft regelrecht verinnerlicht. Ein heikler Aspekt ist das Wohnen: Angesicht horrender Mietpreise und wenig bezahlbarem Wohnraum – besonders in den Städten – sind regelmäßige Mietzahlungen nicht nur für Ältere ein ernstes Problem, sondern auch für Familien, Alleinerziehende oder Geringverdienende.

Dreh- und Angelpunkt: www.gute-quellen.koeln

Auch in Köln steigt die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter. Fast zehn Prozent aller Kölner Rentnerinnen und Rentner nahmen 2023 diese Leistung in Anspruch; fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Und auch die Wohnungsnot in der Domstadt ist groß. Mit der breit angelegten Öffentlichkeitskampagne ‚Gute Quellen Köln‘ informiert die Stadt Köln Betroffene nun darüber, welche finanziellen Hilfen und Beratungangebote es von Bund, Land, der Stadt Köln und Anbietern wie Wohlfahrtsverbänden gibt. Ziel ist es, die Hürden und Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Beantragen von Hilfsleistungen abzubauen und den Zugang so einfach wie möglich zu machen.

Herzstück der Kampagne ist die Webseite www.gute-quellen.koeln. Sie wurde vom Medien Management Institut (Memi) der Hochschule Fresenius entwickelt, ist übersichtlich strukturiert, barrierefrei, in 16 Sprachen verfügbar und mit audio-visuellen Hilfen ausgestattet. Finanziert wurde der Internetauftritt von unbox Cologne.

 Lieber Papier in der Hand

Doch längst nicht alle Menschen über 65 Jahre sind internetaffin oder besitzen ein Smartphone. Viele leben ziemlich zurückgezogen. Damit das Informationsangebot von Gute Quellen Köln dennoch jene älteren Menschen erreicht, die Unterstützung gebrauchen können, hat das federführende Kölner Amt für Soziales, Arbeit und Senioren eine Sonderausgabe des  Stadtmagazins KölnerLeben aufgelegt. Ich wurde damit beauftragt, das Konzept zu entwickeln und redaktionell umzusetzen. So ist die Broschüre „Wenn die Rente nicht reicht“ entstanden, die auf 44 Seiten die Leserinnen und Leser über die finanziellen Hilfs- und Beratungsangebote informiert und konkrete Konktaktadressen . 30.000 Exemplare liege an zentralen Verteilstellen in der Stadt zum Mitnehmen aus, unter anderem in Bürgerzentren und Apotheken.

 

Begleitet wir die Kampagne von Radio-Spots, einer stadtweiten Plakataktion sowie mit Postkarte, die die Webseite bewirbt und die Broschüre bestellbar macht. Hier gibt es das Heft zum Download.https://gute-quellen.koeln/wp-content/uploads/2020/07/koelnerleben-guten-quellen-koeln-nov-24.pdf

 

 

Aus dem Projekt habe ich zwei Erkenntnisse mitgenommen. Erstens: Ich bin viel aufmerksamer für Armutsanzeichen geworden. Denn die versteckte Armut ist so viel verbreiteter als offizielle Zahlen es annehmen lassen und oft dort, wo wir es nicht erwarten. Vielleicht auch in Ihrer Nachbarschaft. Und zweitens: Armut ist nicht verdient. Armut ist auch „systemgemacht“, denn sie trifft auch jene, die ihr Leben lang gearbeitet und/oder Kinder versorgt haben. Die Leben- und Erwerbsbiografien sind sehr unterschiedlich. Im Alter in Armut zu leben, hat wirklich niemand verdient.

 

 

About The Author

Meike Sturat
Kommunikationsberaterin & PR-Spezialistin